Mein Ein und Alles by Camilleri Andrea

Mein Ein und Alles by Camilleri Andrea

Autor:Camilleri, Andrea [Camilleri, Andrea]
Die sprache: deu
Format: epub, azw3, mobi
Tags: Roman
ISBN: 978-3-644-31111-4
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2014-07-01T04:00:00+00:00


Gegen zehn Uhr beschließt sie aufzustehen.

Denn um halb zwölf hat sie ihren gewohnten Termin beim Friseur.

Doch bevor sie ins Bad geht, ruft sie Gemma an.

«Lädst du mich ein? Ich möchte nicht allein zu Mittag essen.»

«Kein Problem, ich bin auch allein.»

«Wo ist Giancarlo?»

«Er besucht doch alle vierzehn Tage seine heißgeliebten Eltern. Unseren Sohn hat er auch mitgenommen. Sie werden ihn mir mit Bauchweh zurückschicken, Großeltern zu sein bedeutet für sie, ihren Enkel mit Süßigkeiten vollzustopfen. Sei froh, dass du keine Kinder hast.»

Der letzte Satz enthält keine Andeutung.

Sie hat ihren Freundinnen nichts von den Folgen von Giulios Unfall gesagt.

Nein, das stimmt nicht ganz, Stefania hat sie es anvertraut. Aber nur ihr.

«Dann komme ich um eins?»

«Ich erwarte dich.»

Sie legt das Handy auf den Nachttisch, muss es aber sofort wieder nehmen, denn es hat geklingelt.

«Hallo?»

Eine heiße Welle strömt ihr von der Brust in den Bauch und noch tiefer.

Es ist Mario.

«Ciao.»

«Geh ans Fenster.»

«Was soll der Quatsch?»

«Geh ans Fenster.»

Er legt auf.

Einen Augenblick steht sie überrumpelt da, das Telefon in der Hand.

Er wird doch nicht die ganze Nacht vor dem Tor verbracht haben? Ist er jetzt völlig durchgedreht?

Sie zieht ihren Morgenrock an, geht hinunter ins Wohnzimmer, zum Glück läuft Elena gerade nicht hier herum, reißt die Balkontür auf und zeigt sich.

Mario ist auf seinem Beobachtungsposten, aber er hat nicht die ganze Nacht Wache gestanden, er trägt ein anderes Hemd.

Er legt das Handy an sein Ohr, Arianna hört ihr Handy erneut klingeln.

«Ich liebe dich», sagt Mario.

Das haben ihr schon viele gesagt, Giulio nie.

Sie antwortet nicht mit einem «Ich dich auch», wie Mario vielleicht erwartet hätte, denn das hier ist ganz bestimmt keine Liebe.

Der Junge bringt alles durcheinander. Ihn treibt bloß eine starke, unbezwingliche Begierde nach ihrem Körper, mit Gefühlen hat das nichts zu tun.

Sie begehrt ihn auch, vielleicht etwas weniger heftig als er sie, aber sie weiß genau, dass es dabei nicht um Liebe geht.

«Das ist total verrückt, du bist ein Spinner.»

«Der dich trotzdem liebt.»

Sie muss lächeln.

Eines Abends war Ganzella mit ihr ins Theater gegangen.

Da gab es genauso eine Szene wie diese hier, sie hieß Julia und stand auf einem Balkon, unten auf der Straße stand er, Romeo.

Bloß, dass sie nicht über Handy miteinander sprachen. Und er kam auch nicht auf einem Motorroller.

Aber die Geschichte, daran erinnert sie sich, ging sehr schlimm aus.

«Entschuldige, ich habe zu tun.»

«Schick mir einen Kuss.»

Wie albern! Er ist wirklich ein dummer Junge!

Sie hat nicht die geringste Lust zu solchen Kindereien, doch wenn sie ihn nicht zufriedenstellt, bringt der Typ es noch fertig, sich den ganzen Tag lang dort hinzupflanzen.

Sie blickt zum Haus gegenüber, niemand steht am Fenster, außerdem ist es ziemlich weit weg, also führt sie Zeige- und Mittelfinger an die Lippen, dreht die Finger zu ihm hin und bläst darüber.

Sofort hört sie Marios Stimme im Handy.

«Danke. Das wird mir bis heute Abend genügen.»

Sie geht wieder hinein.

Was soll das nun wieder bedeuten?

Hat er vor, das gleiche Affentheater abzuziehen wie gestern Nacht?

Will er sich tatsächlich an sie hängen wie eine Zecke?

Sicher, sie schläft gerne mit ihm, sogar sehr gerne, und auch jetzt hätte sie Lust dazu, aber sein sentimentales Geklammere erträgt sie überhaupt nicht.



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